Die Sache mit männlich und weiblich scheint viel Leute zu beschäftigen. Hier sehr kompakt das Wichtigste über die Geschlechter.
(Updates am 15.12.2024 in kursiv)
Wenn wir über die Geschlechter sprechen wollen, sind zwei Aspekte aus der Biologie die Basis und der ganze Witz an der Sache:
Der erste Aspekt erhält derzeit viel Aufmerksamkeit und könnte mit „bunte Vielfalt“ umschrieben werden. Es gibt nicht nur Mann und Frau, sondern massenhaft Ausprägungen und Zwischenstufen. Eine meines Erachtens sehr gute Formulierung kommt von meinem ehemaligen Zoologie-Professor: Männchen oder Weibchen ist keine entweder/oder-Entscheidung, sondern eine mehr-oder-weniger Entscheidung. Das gilt nicht nur für das Individuum als Ganzes, sondern für jedes Merkmal, das irgendwie eine geschlechtliche Ausprägung haben kann. Sehr weibliche und sehr männliche Eigenschaften und anatomische Strukturen können in ein und dem selben Körper vorkommen.
Das gilt für den Menschen, wenn wir die Biologie noch weiter öffnen, wird die Vielfalt verwirrend faszinierend: Da kann das Geschlecht vom Alter abhängen, es gibt Fische, die als Jungfische Männchen sind und als Altfische Weibchen; es gibt Fische, bei denen es umgekehrt ist. Es gibt Reptilien, da hängt das Geschlecht von der Bruttemperatur ab. Auch die Chromosomen sind nicht das Entscheidende: Bei den Säugern sind die mit XY Chromosom die Männchen und die mit XX-Chromosomen die Weibchen, bei den Vögeln ist es umgekehrt (auch wenn man da die Chromosomen anders nennt https://de.wikipedia.org/wiki/Z-Chromosom).
Es gibt also wirklich so gut wie alles, dabei haben wir noch gar keinen Blick zu den Pflanzen, Pilzen und Mikroorganismen geworfen.
Dieser „bunte Vielfalt“-Aspekt wird aktuell gerne betont – und auch zu Recht. Es diskriminiert niemanden und da wir von unseren Denkzwängen her sowieso zu gerne in Gegenteilen denken, ist es sicher kein Fehler, wenn wir unser Hirn hier lockern und all die Ausprägungen erkennen.
Dann gibts da aber noch einen zweiten Aspekt: Diese ganze Vielfalt heißt nämlich nicht, dass wir Geschlecht nicht eindeutig definieren könnten – das können wir in der Biologie sehr wohl. Wir können die Geschlechter sehr grundlegend und eindeutig definieren: Kleine Keimzellen bedeuten männlich, große Keimzellen bedeuten weiblich.
Hier herrscht vermutlich häufig sprachliche Verwirrung. Wenn ich das Geschlecht über Chromosomen definiere, dann habe ich sie anhand eines biologischen Kriteriums definiert. Aber das ist nicht die biologische Definition von Geschlecht, die ist – per Definition- jene über die Geschlechtszellen. Ich könnte Geschlecht über zahlreiche biologische Faktoren definieren, was ja auch gemacht wird. Das kann für manche Fragen sinnvoll sein, ersetzt aber nie die biologische Definition anhand der Keimzellen. Es ist wichtig zu unterscheiden, ob ich von der Definition von Geschlecht anhand eines biologischen Faktors rede, oder von der biologischen Definition von Geschlecht. Ich hoffe, das ist verständlich, sonst muss ich hier mal eine Linguisten um Nachhilfe bitten.
Das wars. Keimzellen sind unsere Geschlechtszellen, für sexuelle Fortpflanzung müssen jeweils eine männliche und eine weibliche Keimzelle miteinander verschmelzen und daraus entsteht ein neues Lebewesen. Die kleinen Keimzellen sind die Spermien, die großen sind Eizellen. Der Größenunterschied ist riesig, zumeist sind Spermien die kleinsten Zellen, die ein Körper produziert und die Eizellen die Größten. Es gibt keine weiteren Geschlechter, weil nur die Kombination einer großen mit einer kleinen Keimzelle zu einem neuen Lebewesen führt (nichts in der Biologie ist absolut, aber das ist recht nah dran). Gäbe es beispielsweise Keimzellen mit Dornen und welche mit Ösen und die würden gemeinsam ein neues Lebewesen formen können, dann wäre es berechtigt von weiteren Geschlechtern zu reden. Von mir aus auch, wenn mittelgroße Keimzellen miteinander verschmelzen könnten. Nichts davon gibt es, daher: zwei biologische Geschlechter.
Männlich und weiblich sind also nicht durch den Körper, das Verhalten oder die DNA definiert, sondern rein über die Größe der Keimzellen. Diese Definition funktioniert über einen großen Bereich von allem was wir Lebewesen nennen, vom Mensch bis zum Bärtierchen (https://de.wikipedia.org/wiki/Bärtierchen#Fortpflanzungsorgane).
Achtung: Diese Definition ist die Grundlage, dass heißt aber nicht, dass sie uns viel über ein bestimmtes Individuum sagt. Sie sagt uns nur etwas über die Rolle des Individuums bei einem spezifischen Fortpflanzungsakt. Die Definition der Geschlechter über Keimzellen ist eindeutig, kann aber natürlich nur angewendet werden, wo Keimzellen im Spiel sind. Sie sagt uns nicht, ob ein Mann der keine Spermien produziert noch ein Mann ist, das ist eine völlig andere Frage. Aber sie sagt uns beispielsweise, dass ein Wesen, das ausschließliche Spermien produziert, männlich ist – egal wie es aussieht, denkt oder fühlt. Dieses Wesen kann ein heterosexueller menschlicher Durchschnittsmann sein oder ein parasitär am Weibchen haftender Hodensack – wie es beim Grünen Igelwurm (Bonella viridis – https://de.wikipedia.org/wiki/Grüner_Igelwurm) der Fall ist – die Definition funktioniert in beiden Fällen.
Was ist ein Mann?
Interessanterweise wird in der Diskussion meist gefragt, was eine Frau ist, aber im Grunde gilt für beide Begriffe das Gleiche: Es sind andere Begriffe als „biologisches Geschlecht“, sie brauchen daher auch eine andere Definition. Die Definition kann unter Mithilfe des biologischen Geschlechts erarbeitet werden – muss es aber nicht (auch wenn es gerade bei Säugetieren wirklich super funktioniert). Aber definiert werden muss jeder Begriff. Ein Begriff ohne Definition ist ohne Bedeutung.
Eine Definition muss dem Begriff Bedeutung und so weit es geht Klarheit geben. Wir können also weder schlichte Behauptungen akzeptieren („Eine Transfrau ist ein Frau“) noch Zirkelschlüsse wie „Eine Frau ist, wer sich als Frau fühlt.“ Ersteres sagt nichts aus, letzteres würde sofort nach einer Definition von „sich als Frau fühlen“ verlangen. Ohne Definition ist ein Begriff sinnlos, er kann dann alles und nichts sein, jeglicher Austausch erübrigt sich. Wenn „Frau“ nicht definiert ist, lösen sich auch Begriffe wie Frauensport, Frauenförderung und Frauenschutzräume in Luft auf. Wir brauchen die Definition nicht aus ideologischen Gründen, wir brauchen Definitionen, um ums überhaupt sinnvoll unterhalten zu können.